(Live-Bilder von oliver saul fotografie)
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Träume und Wunder waren schon immer Schlüsselbegriffe im Werk des Michael Wollny – und jetzt auch noch Geister. Der vielfach und vor allem international preisgekrönte Künstler hinter so großartigen Alben wie „Wunderkammer“, „Traumbilder“ und ganz aktuell „Ghosts“ ist vor allem auch ein Phänomen, weil er so unfassbar und dabei eindeutig zwischen Jazz und Klassik, zwischen Literatur und Musik, zwischen Nick Cave, Schubert und Heinrich Heine, zwischen Improvisation und Komposition vermittelt. Wollnys schönste Spielwiese ist dabei sicherlich sein Trio, ein Band-Format, das seinen Visionen in Sachen Harmonie und Rhythmus bestens passt. Und das nun schon seit mindestens zwanzig Jahren. Jetzt geht der „Jazz-Star“ (Der Spiegel) mit der Besetzung von „Ghosts“ auf Tour – mit Eric Schaefer, dem ursprünglichen Schlagzeuger seines legendären Trios [em], und dem amerikanischen Bassisten Tim Lefebvre, bekannt auch von seiner Arbeit mit Donny McCaslin und darüber David Bowie, der schon 2014 mit Wollny bei dessen „Weltentraum“, damals Album des Jahres in Deutschland und England, und jetzt eben auch auf dem neuen Trio- Wunderwerk zu hören ist.
„Wollny gilt als großes Talent“, schreibt Wikipedia und liefert damit die Untertreibung des Jahrzehnts. Dieser „vollkommene Klaviermeister“ ist auch „der bescheidene Klavierstar“, wie die FAZ respektive die Main Post wissen, noch dazu „einer der wenigen deutschen Jazzmusiker, die es in die Popcharts schaffen“ (Der Spiegel). Seine Band gilt als „eines der großen Jazz-getriebenen Piano Trios“ (The Guardian), sogar als „aufregendstes Pianotrio der Welt“ (Die Zeit) und begeistert seit ihrer ersten Veröffentlichung im Jahre 2015 als Auftakt der Act-Serie „Young German Jazz“ weit über die Landesgrenzen.
1978 im unterfränkischen Schweinfurt geboren, bekam Michael Wollny schon mit fünf Jahren Geigen- und Klavierunterricht, und war eben sechzehn, als er als Gasthörer ans Konservatorium in Würzburg geht. Bald darauf kam er als Jungstudent an die dortige Hochschule für Musik, danach vom BundesJugendJazzorchester (BuJazzO) ins hr- Jazzensemble, gründet nebenbei das erste eigene Trio und außerdem Duos mit den Saxophonisten Hubert Winter oder Heinz Sauer. Da ist Wollny gerade Anfang zwanzig. Seit er im Jahr 2002 sein Trio [em] mit der Bassistin Eva Kruse und dem Schlagzeuger Eric Schaefer gründete, bekommt sein „future sound of jazz“ (The Observer) zunehmend weltweit Aufmerksamkeit. Sicherlich auch, weil er zudem mit dem schwedischen Star- Posaunisten Nils Landgren tourt, mit der israelischen Cembalistin Tamar Halperin die „Wunderkammer“ einspielt oder gemeinsame Klavierkonzerte mit dem finnischen Kollegen Iiro Rantala und Leszek Możdżer aus Polen gibt. Dazu kommen Zusammenarbeiten mit dem amerikanischen Bassisten Gary Peacock oder seinem Vorbild Joachim Kühn, über dessen „Tonwirbel“ Wollny 2001 seine Diplomarbeit schrieb, mit den französischen Jazz-Jungspunden Vincent Peirani und Emile Parisien, dem Schweizer Vokalartisten Andreas Schaerer, aber auch mit dem britischen Elektronica-Musiker Leafcutter John oder zuletzt dem Sprecher Christian Brückner. Er ist ein Tausendsassa, könnte man meinen, wenn er nicht bei jedem dieser Projekte hundertprozentig bei der Sache und in seinem Element wäre.
Mit seinem „unzertrennlichen Weggefährten Eric Schaefer am Schlagzeug“, wie es auf Wollny Website heißt, und dem Amerikaner Tim Lefebvre am Bass bringt der Pianist jetzt also das laut Times London „most exciting piano trio in Europe” auf JazzNights Tour. „Meine innere Balance finde ich normalerweise zwischen zwei Wegen: Zum einen dem des Nachdenkens und Analysierens, des Forschens und Verstehens, zum anderen dem des Loslassens, des bewussten Kontrollverlustes, des Nichtbewertens, des Einfach-im- Moment-seins, was immer wieder auf der Bühne passiert“, wie Michel Wollny kürzlich erst der Süddeutschen Zeitung erzählte. Ein Konzert mit diesem Ausnahmemusiker und seinen beiden handverlesenen Kollegen ist so etwas wie die Quintessenz dieser Herangehensweise: so inspiriert wie inspirierend, überraschend und frei, traumhaft und wunderbar – von allen guten Geistern besessen.
Jazzfest Bonn 2018: